Auf geht’s ins freiburgische Greyerzerland. Mich begleitet ein ehemaliger Arbeitskollege, der perfekt französisch spricht – ist von Vorteil in der Romandie 😉 Unsere Wanderung beginnt in Le Bry respektive Pont-on-Ogoz am Greyerzersee.
Unser erstes Ziel liegt uns schon zu Füssen – der 1948 künstlich angelegte Lac de la Gruyère respektive die Ile d’Ogoz. Diese Insel mit den Zwillingsburgen lässt sich jeweils im Frühling für wenige Wochen zu Fuss erreichen. Der Stausee wird Ende Winter abgelassen, um das Wasser der Schneeschmelze aufzufangen. Somit kommt der steinige Damm zum Vorschein. Ist der Wasserstand unter 668 m, bleiben die Füsse trocken. Der Damm fungiert als Gehweg zur Insel und wird zu dieser Jahreszeit rege besucht. Sonst das ganze Jahr unter dem Wasserspiegel verborgen, schreiten wir heute freudig darüber. Wir besichtigen die Ruinen, wobei die Aussicht vom Nordturm einen noch besseren Ausblick auf den Stein- und Gerölldamm gibt. Entstanden ist das Bauwerk mit Wohntrakten in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Zurück am Ufer von Pont-on-Ogoz begehen wir die Wanderroute Nr. 261 – der Rundweg um den Lac de la Gruyère. Die Autobahn A12 führt am Westufer entlang. Wir unterqueren die mächtige Brücke, wo wir von herabfallendem Eis gewarnt werden. Tja, in den Wintermonaten würde ich diesen Wegabschnitt wohl meiden.
Das ins Leere mündende Sprungbrett und Tarzanseil am Baum bei La Côte de Redons sehen lustig aus. Noch ein bisschen warten, der Wasserpegel steigt bald wieder. Zwischen schattigen Waldpfaden und der prallen Sonne und Asphalt ausgesetzt gelangen wir zum «Camping du Lac» von Gumefens. Hier in der Buvette haben wir eine Erfrischungspause verdient. Via dem Dorf Vuippens gelangen wir dann zu einem Hügel, wo uns mitten im Wald ein bärtiger Riese begrüsst.


Schliesslich überqueren wir die Brücke zu Corbières. Hier suchen wir vergebens ein Restaurant. Also gehen wir bis Hauteville weiter. Voilà, hier gibt es ein angeschriebenes Haus. Wie andere Gäste müssen auch wir noch einen Moment warten, bis das Restaurant öffnet. Dies lohnt sich allerdings, denn wir werden deliziös verköstigt. Der von Hand geformte Hamburger mit selbstgemachtem Brötchen ist lecker. Endlich mal wieder ein richtiger Burger! Grosses Dankeschön an den Küchenzauberer, der sein Handwerk zu 100 Prozent versteht. Auch die anderen Gerichte, die uns an der Nase vorbeigeführt werden, sehen äusserst ansprechend aus.
Der lokale Bus bringt uns später nach Le Mouret. Bei der Haltestelle La Riedera steigen wir aus, denn wir werden heute im Chateau de la Grand Riedera erwartet. Jaja, wir sind für diese Übernachtung adelig unterwegs. Schlossherr und Schlossdame werden gebührend empfangen und in ihr Gemach geführt, grins. Wir nächtigen märchenhaft. Die herrschaftlichen Gemäuer entstammen dem 17. Jahrhundert. Dieses regionale Kulturgut wird heute von einem Verein bewirtschaftet: Als B&B, Tagungs- und Seminarlokation, für Feste aller Art. Weitere Infos hier: https://www.chateau-grande-riedera.ch/de.
Edel geht es tags darauf weiter: Den Sentier des Comtes, den Grafenpfad, wollen wir erkunden. Es ist ein ursprünglicher Verbindungsweg der Greyerzer Grafen ins Gessenay-Gebiet. Wir starten in Albeuve. Dieser abwechselnd über Wiesen und Wald verlaufende Pfad wird durch die Interessengemeinschaft Intyamon gepflegt und führt uns zuerst durch die schmale und tiefe Evi-Schlucht. Die kunstvoll mit Schindeln bedeckte Brücke Beaucu ist sehenswert. Kurz darauf erblicken wir die rosarote Kapelle von Notre Dame Auxiliatrice. Der daneben erstellte Rastplatz mit Grillstelle zieht uns irgendwie mehr an, hm, komisch…


Stets flankiert vom Moléson und der Bergkette östlich des Tals von Haute Gruyère mit dem Fluss La Sarine geniesse ich die frischen, grünen Wiesen. Die Bergspitzen mit Namen Vanil … oder Dent de/du … sind noch alle schneebedeckt. Und nein, ich habe beim Anblick derselben kein Zahnweh bekommen, eher ein Gipfelstürmerweh. Meine Wanderwunschliste ist schliesslich immer noch lange genug.
Via den Dörfern Villars-sous-Mont und Enney erreichen wir schliesslich Gruyères. Vorbei ist es mit der Ruhe. Zuerst riecht es nach Pferdemist von der Farm Les Granges-Rouge, dann nach Fondue. Wir betreten die Burganlage via den Totenweg. Nach einer flüssigen Stärkung und zurückgekehrter Lebendigkeit besichtigen wir das Museum von HR Giger. Wer diesen Schweizer Künstler nicht kennen sollte, kennt zumindest den Film «Alien». Dieses Filmungeheuer machte HR Giger und seinen surrealistischen / phantastisch realistischen Stil international berühmt. Es ist beeindruckend, seinen biomechanischen Werken so nah gegenüber zu stehen. So nimmt der vornehme Teil unseres Ausflugs mit diesem unheimlichen Wesen aus einer fremden Welt einen abrupten Wechsel. Link: https://www.hrgigermuseum.com/de/


Kurz bevor der Bus fährt, spricht mein Begleiter ein Paar aus der Bretagne an. Sie legen grossen Wert darauf, Bretonen und nicht Franzosen zu sein. Auf der Fahrt zum Bahnhof von Gruyère verflüchtigen sich nicht nur die zahlreichen Besucher aus dem In- und Ausland – nein, auch die Luft wird wieder käseduftreiner. So lässt sich der Tag angenehm ausklingen.